Mobile Prozesse in der Versicherungsbranche
Vom Auftrag her war es für uns erstmal nichts Unbekanntes: Die AvivaSA ist eine Lebensversicherung in der Türkei, die im Zeitalter der mobilen Endgeräte – wie viele andere Versicherungen auch – vor der Herausforderung steht, sowohl die Kunden als auch die eigenen Mitarbeiter in der mobilen Realität abzuholen. Kunden besuchen immer weniger die Filialen und wollen sich von überall über angebotene und bezogene Leistungen https://www.interaction-room.de/wp-content/uploads/2017/06/20170519_ir-portrait-erik-und-simon_c-1.jpgrmieren. Auch der Außendienst verwendet längst privat Smartphones und erwartet eine ähnlich flüssige Bedienung auch von der Unternehmenssoftware. Zusätzlich bieten die Geräte eine hohe Interaktivität, die sich in Verkaufsszenarien natürlich für die individuelle Informierung der Kunden nutzen lässt.
Für ein Unternehmen ist es nun die Frage, an welchen Stellen und in welchem Umfang sie welche Unternehmensprozesse wie unterstützt werden kann. Dies ist ein ideales Einsatzgebiet der Interaction-Room-Methode. Aus diesem Grund beauftragten uns unsere Partner der adesso Turkey damit, die Vision des bevorstehenden Projekts gemeinsam mit insgesamt 12 Stakeholdern der AvivaSA in einem Interaction Room zu erarbeiten.
An zwei produktiven Tagen haben wir dann die zentralen Canvases im idealtypischen Ablauf eines Interaction-Room-Workshops verwendet.
Tag 1
Im ersten Teil des Workshops, der sich auf die ersten anderthalb Tage erstreckte, haben wir die Auswirkungen einer mobilen Strategie auf die internen Prozesse visualisiert und den neuen Ablauf eines mobil unterstützen Beratungsgesprächs vom Kundenkontakt bis zum Vertragsabschluss auf der Process Canvas skizziert. Auf der Object Canvas wurden danach für diesen Beratungsprozess zentrale Geschäftsobjekte gesammelt und in Beziehung gesetzt. Mit Hilfe der Integration Canvas wurde ermittelt, über welche Systeme die benötigten Daten für den Beratungsprozess bereitgestellt werden. Das hat vor allem dabei geholfen, Querbeziehungen und Abhängigkeiten zwischen den Systemen bei der späteren Umsetzung der mobilen Unterstützung unmittelbar für alle sichtbar zu machen. Mit den Annotationen wurden anschließend auf der Process Canavs neben den üblichen nicht-funktionalen Anforderungen auch die essentiellen Bestandteile aufgezeigt, und damit eine phasenweise Umsetzung vorbereitet.
Tag 2
Der zweite Teil des Workshops war der Kundenperspektive gewidmet. Die AvivaSA hat bereits im Vorfeld anhand einer Digital Maturity Matrix Epics zum Thema „Mobile Self-Service” erarbeitet. Aus diesen insgesamt neun Epics haben die Stakeholder zuerst die markiert, die aktuell viele Serviceanfragen im Call Center verursachen, die ein besonders gutes Nutzungserlebnis oder einen hohen Geschäftswert für das Unternehmen haben. Für die fünf wichtigsten Epics haben die Stakeholder anschließend konkrete User Stories geschrieben. Nach der Vorstellung haben die Stakeholder dann abgestimmt, welche der User Stories in einer ersten Umsetzungsphase zuerst umgesetzt werden sollten.
Am Ende eines Interaction-Room-Workshops ist es – auch für uns – immer wieder erstaunlich, wie viel man schaffen kann, wenn man sich mit den richtigen Stakeholdern „einschließt” und nicht nur über Dinge redet, sondern sie auch explizit hinschreibt, skizziert oder anderweitig sichtbar und begreifbar macht. Das ist auch so bei den Stakeholdern angekommen, die sehr zufrieden mit dem erreichten Ergebnis waren. Ein Stakeholder klang sogar überrascht, als er sich am Ende im Raum umsah und sinngemäß resümierte, dass man hier in zwei Tagen die wesentliche Roadmap von zwei Projekten erarbeitet und abgestimmt hätte. Über eine solche Effizienz freuen wir uns natürlich meisten!
Interaction Room kulturübergreifend
Für uns als Interaction-Room-Coaches war es zusätzlich spannend zu sehen, wie sich die Interaction-Room-Methode in einer fremden Kultur bewährt. Da haben wir uns im Vorfeld mehr Sorgen gemacht als tatsächlich nötig war: Wir haben noch nie Stakeholder so schnell von der Vorstellungsrunde aufschnellen sehen, um die Arbeit an den Canvases zu beginnen! Die kollaborative Art und Weise, im Interaction Room Ergebnisse zu diskutieren und festzulegen, schien der türkischen Kultur sehr entgegenzukommen. An den Stellen, wo die Sprachbarriere in Bezug auf interne Geschäftsabläufe zu hinderlich war, diskutieren die Stakeholder in der Runde auf türkisch, bis eine Entscheidung gefunden wurde, die von allen geteilt wurde. Diese haben wir dann auf der aktuellen Canvas notiert. Diese pragmatische Art und Weise der Diskussion werden wir sicherlich auch zukünftig in ähnlichen Situationen wieder anwenden.